SAD / Winterblues Selbstdiagnose

Diverse Abstracts

Ann Clin Psychiatry. 2007 Oct-Dec;19(4):239-46.

Seasonal affective disorder: a clinical update.

Westrin A, Lam RW.
Department of Clinical Sciences, Division of Psychiatry, Lund University Hospital, Lund, Sweden.
Hintergrund: Saisonal abhängige Depression (SAD) besteht aus wiederkehrenden depressiven Episoden in der Herbst/Winter-Zeit mit Remission während des Frühjahres/Sommers.

Methodik: Es wurde eine Medlinesuche der letzten 10 Jahre durchgeführt hinsichtlich aller Studien, die sich mit der klinischen Behandlung der SAD beschäftigten und unter dem Sachtitel Saisonal abhängige Depression sowie den Schlüsselbegriffen depress* und season* veröffentlicht wurden. Auch die Cochrane Datenbank für systematische Reviews wurde auf relevante Studien durchsucht.

Ergebnisse: Eine sorgfältige Anamneseerhebung ist für die Diagnose der SAD und Differenzialdiagnose zu anderen ähnlichen Zuständen wie subsyndromale SAD und atypische Depression wichtig. Jahreszeitliche Muster mit Verschlechterung im Winter finden sich auch bei „nicht saisonalen“ Depressionen sowie auch in vielen anderen psychiatrischen Zustandsbildern.Eine Komorbidität anderer Erkrankungen mit SAD ist häufig. Die Pathophysiologie von SAD scheint heterogen zu sein, was sich aus diskrepanten Ergebnissen der Erforschung von zirkadianen Prozessen, Neurotransmitterfunktionen und genetischen Hypothesen ergibt.

Ein doppeltes Vulnerabilitätsmodell mit unterschiedlicher Bedeutung saisonaler Faktoren und Depression als Faktor wurde vorgeschlagen, um diese Befunde zu erklären. Aktuelle systematische Reviews konnten zeigen, dass Lichttherapie für die Behandlung der SAD wirksam ist und gut vertragen wird. Es gibt auch Hinweise, dass Pharmakotherapie SAD behandeln und vorbeugen kann. Klinische Studien zeigen ähnliche Wirksamkeit für Lichttherapie und Antidepressiva, sodass die Vorlieben der Patienten bereits zu Beginn der Therapie beachtet werden sollen. Dämmerungssimulation, negative Ionen, Sport und kognitive Verhaltenstherapie sind noch in Erforschung und könnten ebenfalls in der Behandlung der SAD hilfreich sein.

Zusammenfassung: SAD ist eine häufige Erkrankung mit erheblicher psychosozialer Beeinträchtigung. Kliniker sollten darauf achten, jahreszeitliche Muster in depressiven Episoden zu erkennen, da SAD wirksam und mit evidenzbasierten Methoden behandelt werden kann.

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CNS Drugs. 2007;21(11):901-9.

Long-term and preventative treatment for seasonal affective disorder.

Westrin A, Lam RW.
Rezidivierende depressive Episoden mit häufigen jahreszeitlichen Mustern, allgemein bekannt als saisonal abhängige Depression (SAD), hat beträchtliche Forschungsaktivitäten in den letzten beiden Jahrzehnten entfacht.

Es ist inzwischen bekannt, dass SAD ein häufiges Zustandsbild ist, das mit Prävalenzraten in der Allgemeinbevölkerung von 0,4% bis 2,9% einhergeht. SAD-Patienten leiden unter beträchtlicher Einschränkung ihrer psychosozialen Funktionen. Es bestehen ausreichende Beweise dafür, dass Lichttherapie und Antidepressiva wirksame Methoden in der Behandlung der SAD sind. Da SAD aber durch wiederkehrende depressive Episoden gekennzeichnet ist, muss auch eine Langzeitbehandlung in Betracht gezogen werden. Leider gibt es nur wenige Studien mit längeren Behandlungen (> 8 Wochen) und (präventiven) Erhaltungstherapien für SAD.

Die schiere Anzahl der Belege legt nahe, dass die Lichttherapie über den Winter täglich fortgeführt werden soll, um einen Rückfall bei zu frühem Aufhören zu verhindern. Einige Studien jedoch unterstützen die Verabreichung von Antidepressiva, um die Response nach 1-2 wöchiger Lichttherapie fortzuführen, die bereits sehr früh nach Auftauchen der ersten Symptome im Herbst begonnen werden soll. Nur kleine Studien haben eine präventive Behandlung mit Lichttherapie untersucht (also vor Auftreten der ersten Symptome), wobei aber alle diese Studien methodologische Schwächen haben.

Der beste Nachweis für präventive Behandlung der SAD kommt aus den Antidepressivastudien. Drei große, randomisierte, plazebokontrollierte Studien haben gezeigt, dass präventive Behandlung mit Bupropion XL das Wiederauftreten depressiver Episoden in SAD-Patienten verhindert. Aufgrund der beschränkten Belege und der inkonsistenten Rate der Wiederkehr winterlicher Depression sollten klinische Empfehlungen für die Langzeitbehandlung und Vorbeugung individualisiert werden und der potenzielle Nutzen gegen mögliche Nebenwirkungen abgewogen werden.

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Neuropsychopharmacology. 2007 Sep 19 [Epub ahead of print]

Enhanced Serotonin Transporter Function during Depression in Seasonal Affective Disorder.

Willeit M, Sitte HH, Thierry N, Michalek K, Praschak-Rieder N, Zill P, Winkler D, Brannath W, Fischer MB, Bondy B, Kasper S, Singer EA.
1Department of Biological Psychiatry, Medical University of Vienna, Vienna, Austria.


Ein zentrales Element der Monoaminhypothese der Depression ist ein geringer Gehalt an Serotonin in der Synapse während depressiver Episoden. Der Serotonintransporter (5-HTT, SERT) ist das Schlüsselmolekül für die Kontrolle des synaptischen Serotoninspiegels. In dieser Studie wollten wir in Thrombozyten von nicht medikamentös behandelten depressiven SAD-Patienten zustandsabhängige Veränderungen in der Leistungsfähigkeit des 5-HTT-Transportes in und aus der Zelle untersuchen.

Der 5-HTT Umsatz, ein Maß für die Zahl des Tranportes in die Zelle pro Minute, und der Tyramin-induzierte 5-HTT-Transport aus der Zelle wurden zur Baseline, nach 4 Wochen Lichttherapie und im Sommer erfaßt. Es wurde ein Kontrollfall-Design verwendet in einer Stichprobe von 73 aufeinanderfolgenden medikamentenfreien depressiven Patienten mit SAD und 70 nicht-saisonalen gesunden Kontrollen.

Die Patienten mussten mindestens 6 Monate vor Studienbeginn frei von Drogen und Medikamenten  sein. Weibliche Patienten wurden in der follikulären Phase ihres Zyklus untersucht. Alle Teilnehmer wurden auf 5-HTT-Promotor Polymorphismus (5-HTTLPR) genotypisiert, um den Einfluss dieses Polymorphismus auf die 5-HTT Parameter zu prüfen.

Die Effizienz des 5-HTT-mediierten Transportes in die Zelle (p=0.014) und aus der Zelle (p=0.003) war bei den depressiven Patienten gesteigert. Beide Maße normalisierten sich nach Behandlung und während der Sommerremission  auf das Maß wie sie auch bei den Kontrollpersonen gefunden wurde.

Die Veränderung des Auswärtstransportes zeigte eine klare Korrelation mit dem Ansprechen auf die Behandlung (rho=0.421, p=0.001). Die Änderung des Rücktransportes in die Zelle wurde eher durch die Leistungsfähigkeit des 5-HTT-Transporters als durch die Affinität oder Dichte vermittelt. 5-HTTLPR war nicht mit einem der beiden 5-HTT Parameter assoziiert.

Zusammenfassend schließen wir, dass sich der 5-HTT-Transporter in einem hyperfunktionalen Zustand während der Depression bei SAD befindet und sich durch Lichttherapie und natürlicherweise während des Sommers erholt

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Clin Geriatr Med. 2008 Feb;24(1):139-149.

Light Therapy for Insomnia in Older Adults.

Gammack JK.
Division of Geriatric Medicine, Saint Louis University Health Sciences Center, 1402 S. Grand Boulevard, M238, St. Louis, MO 63104, USA; Geriatric Research Education and Clinical Center (GRECC), Jefferson Barracks Veteran's Affairs Medical Center, 1 Jefferson Barracks Drive, St. Louis, MO 63125-4199, USA.


Die Exposition auf biologisch aktives Licht unterdrückt die Produktion von Melatonin und trägt somit zur Regulierung des zirkadianen Rhythmus bei.

Aufgrund umweltbedingter und medizinischer Gründe ist es bei älteren Menschen weniger wahrscheinlich, dass sie täglich anhaltendem, hochintensiven Licht ausgesetzt werden, das aber notwendig ist, um einen zufriedenstellenden Schlaf-Wachrhythmus sicherzustellen.

Der beste Beleg für die Wirksamkeit von biologisch aktivem Licht stammt aus der Behanldung der saisonal abhängigen Depression, die aber wiederum in der älteren Bevölkerung relativ selten ist. Bei älteren Erwachsenen mit chronischen Schlafstörungen, Demenz und nicht-saisonaler Depression gibt es keinen Konsens über das optimale Behandlungsprotokoll für Lichttherapie.

Lichttherapie kann jedoch nicht nur Schlafstörungen verbessern sondern auch unerwünschte Störungen im Verhalten und der Kognition, die mit Demenz und Depression bei Älteren einhergehen.

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Links

Vollspektrum-Licht (National Research Council Canada [NCR])
Circadian Lighting Association

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